Gehirntumoren

Gehirntumoren (Hirntumoren): Gut- oder bösartige Geschwülste ("Wucherungen"), die ihren Ausgangspunkt im Hirngewebe haben. Gehirntumoren sind selten, durch ihre Lage im Gehirn aber meist lebensbedrohlich. Betroffen sind alle Altersgruppen, ältere Erwachsene erkranken häufiger als jüngere.

Tumoren der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gehören anatomisch gesehen ebenfalls zu den Gehirntumoren. Da sie sich aber überwiegend durch Hormonmangel- oder -überproduktionserscheinungen zeigen, werden sie nicht hier, sondern bei den Hormonerkrankungen besprochen (Hypophysenadenome).

Leitbeschwerden

  • Wesensveränderungen, z. B. Interesselosigkeit, Reizbarkeit, Verlangsamung, Antriebs- oder Konzentrationsstörungen
  • Ausfälle, z. B. Lähmungen, Sehstörungen, Sprachstörungen, Verlust des Geruchssinns
  • Zerebrale Krampfanfälle
  • Kopfschmerzen, die allmählich zunehmen, nie ganz verschwinden und beim Aufwachen oft am stärksten sind
  • Schwindel
  • Morgendliche Übelkeit, Erbrechen, danach Kopfschmerzverringerung
  • Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • seit längerem zunehmend Kopfschmerzen bestehen, die nicht vergehen.
  • psychische Veränderungen auftreten, die nicht zu erklären sind.

Sofort den Arzt rufen, wenn

  • es erstmalig zu einem zerebralen Krampfanfall kommt.
  • (neurologische) Ausfälle auftreten.

Die Erkrankung

Es lassen sich zwei große Gruppen unterscheiden:

Die selteneren primären Gehirntumoren entstehen im Gehirn. Sie sind die „eigentlichen“ Gehirntumoren und können wie die Tumoren anderer Organe gutartig oder bösartig sein. Die Ursache von primären Gehirntumoren ist bis heute unklar. Am häufigsten sind die verschiedenen Gliome, die von den Hüll- oder Gliazellen um die Nervenzellen herum ausgehen, und die Meningeome, die den weichen Hirnhäuten entspringen. Primäre Gehirntumoren können in jeder Altersgruppe auftreten.

Dass die Entstehung von Gehirntumoren durch die Benutzung von Handys (oder von schnurlosen Telefonen) begünstigt werden, ist bislang nicht erwiesen. Bisherige Studien zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Um mehr Klarheit zu schaffen, werteten Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) jüngst Daten einiger hundert Studien aus. Das Fazit dieser Analyse: Menschen, die intensiv mit dem Handy telefonieren, haben ein erhöhtes Risiko, an einem Gliom zu erkranken. Die Wissenschaftler stuften Handystrahlung daher als "möglicherweise krebserregend" ein. Wie hoch das Risiko genau ist, ließen die Experten offen. Eine Studie aus dem Jahr 2007 aber zeigte, dass Intensivnutzer – sie telefonierten zehn Jahre lang jeweils 30 Minuten pro Tag – ein um 40 Prozent erhöhtes Gliom-Risiko hatten. Um die Krebsgefahr durch Handys abschließend bewerten zu können, sind aber weitere Studien notwendig.

Vieltelefonierern wird deshalb empfohlen, Headsets zu benutzen und neue strahlungsärmere Handys anzuschaffen. Manche Experten fordern, dass Kinder und Jugendliche auf die Handynutzung generell verzichten sollten.

Häufiger setzen bösartige Tumoren außerhalb des Gehirns Tochtergeschwülste ins Gehirn ab. Vor allem bei Lungen- und Brustkrebs sind solche sekundären Gehirntumoren oder Gehirnmetastasen zu beobachten.

Auch "gutartige" Gehirntumoren sind oft "bösartig"

Bei Tumoren außerhalb von Gehirn und Rückenmark ist die Unterscheidung klar: Gutartige Tumoren wachsen grundsätzlich verdrängend, schädigen also kein umliegendes Gewebe. Nicht so bei Gehirntumoren: Sitzt nämlich ein gutartiger Tumor an einer strategisch wichtigen Stelle (oft im Hirnstamm), so kann er, auch wenn er "nur" verdrängend wächst, lebenswichtige Strukturen durch Druck so schädigen, dass sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen können.

Auch aus einem anderen Grund nehmen Gehirntumoren eine Sonderstellung ein: Durch den knöchernen Schädel ist der Raum für das Gehirn begrenzt, ein Puffervolumen ist kaum vorhanden. Ein wachsender Tumor lässt daher den Druck im Schädelinneren rasch ansteigen und schädigt dadurch das Gehirn. Deshalb können auch gutartige Gehirntumoren lebensbedrohlich sein.

Unterschiedlichste Beschwerden

  • Die Beschwerden hängen davon ab, wo genau der Tumor sitzt, sodass eine Vielzahl von Symptomen möglich ist. Beeinträchtigt der Tumor z. B. die Stelle im Großhirn, von der aus die Bewegungen der rechten Hand gesteuert werden, so sind Lähmungen oder ein zerebraler Anfall mit Zuckungen der rechten Hand wahrscheinlich.
  • Gehirntumoren steigern, wie schon erwähnt, nicht selten den Hirndruck; die Folgen sind morgendliche Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit bis hin zum Erbrechen.
  • Meist nehmen die Beschwerden bei Gehirntumoren langsam über Wochen und Monate zu. Manchmal aber blutet das brüchige Tumorgewebe und führt ganz plötzlich zu den Symptomen eines Schlaganfalls.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Wichtigste diagnostische Maßnahme ist der Kernspin. Ist der Hirndruck normal (der Patient hat weder Kopfschmerzen noch Übelkeit und Erbrechen), wird der Liquor untersucht, um eine Entzündung auszuschließen und möglicherweise Tumorzellen für eine Untersuchung zu gewinnen. Blutuntersuchungen sind nur in bestimmten Fällen hilfreich, etwa bei Verdacht auf hormonproduzierende Tumoren. Um das weitere Vorgehen zu planen, ist eine Gewebeuntersuchung des Tumors nötig. Die hierzu erforderliche Gewebeprobe wird im Rahmen einer ohnehin notwendigen Operation oder durch eine separate Biopsie (Gewebeentnahme) entnommen.

Therapie. Schwerpunkte der Behandlung sind die Operation und die Strahlentherapie. Die Chemotherapie hat bei Erwachsenen einen untergeordneten Stellenwert, da die im Erwachsenenalter häufigen Gliome kaum oder gar nicht darauf ansprechen.

  • Primäre Gehirntumoren werden, wenn möglich, operativ entfernt oder zumindest verkleinert. Modernste Verfahren der Neuronavigation ermöglichen es, den Weg der Operationsinstrumente bereits vor der Operation mithilfe z. B. von Kernspin oder CT zu planen, während der Operation „nachzufahren“ und die Position der Instrumente auf dem Bild einzublenden. An einigen Zentren können sogar während der Operation Kernspins angefertigt werden. Dadurch soll eine weitestmögliche Schonung funktionell wichtiger Gehirngebiete bei gleichzeitig größtmöglicher Tumorentfernung erreicht werden. Auch bei einzelnen Metastasen wird je nach Lage versucht, sie operativ zu entfernen. Bei fast allen bösartigen Tumoren schließt sich an die Operation eine Bestrahlung an.
  • Sitzt der Tumor so ungünstig, dass eine Operation zu schweren Funktionseinbußen führen würde, hat er sich ausgebreitet oder bestehen mehrere Metastasen, wird eine Strahlenbehandlung durchgeführt. Dabei stehen heute vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, von der Ganzhirnbestrahlung über die sehr präzise Radiochirurgie mit dem Gamma-Knife bis zum Einbringen kleinster „strahlender“ Teilchen, die nur ihre unmittelbare Umgebung bestrahlen. Die Wirksamkeit dieser modernen Verfahren erreicht in einigen Bereichen die der Chirurgie.

Zusätzlich werden besonders belastende Beschwerden bekämpft: Kopfschmerzen bei Gehirntumoren sprechen gut auf hoch dosiertes Kortison an, das die Umgebung des Tumors abschwellen lässt und dadurch den Hirndruck senkt. Zerebrale Krampfanfälle werden mit Antiepileptika behandelt. Bei einem Verschluss der liquorableitenden Wege (der Kanäle, in denen die Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit abfließt) kann eine Operation zur Liquorableitung notwendig sein.

Bleiben nach der Behandlung Ausfälle zurück, kann die Rehabilitation Monate in Anspruch nehmen, oft ist ein Aufenthalt in einer spezialisierten Reha-Klinik erforderlich.

Prognose

Bei einem gutartigen, vollständig entfernten Tumor sind die Aussichten gut. In allen anderen Fällen ist die Prognose ungewiss, da ein Rückfall möglich ist. Bei schnell wachsenden bösartigen Tumoren sowie Metastasen sind die Aussichten schlecht.