Wirbelbrüche

Wirbelbrüche (Wirbelfrakturen): Bruch eines Wirbelteils (Wirbelkörper, Dornfortsatz, Wirbelbogen), häufig als pathologische Fraktur, nach Bagatellunfällen oder spontan, bei starker Osteoporose oder Krebsmetastasen in der Wirbelsäule. Seltener als unfallbedingte Verletzung durch starke, direkte (z. B. Sturz, Anprall) oder indirekte Gewalteinwirkung (z. B. Stauchung, Überstreckung). Stabile Brüche, wie sie oft bei Osteoporose auftreten, heilen meist unter konservativer Therapie innerhalb von zwei bis drei Monaten, eventuell unterstützt durch eine Korsettbehandlung. Instabile Brüche gefährden das Rückenmark und erfordern deshalb eine rasche Operation, häufig mit Versteifung des betroffenen Wirbelsegments.

Leitbeschwerden

  • Mäßige bis stärkste Schmerzen auf Höhe des Bruchs, eventuell mit Ausstrahlung in die Rippen oder die Lendengegend
  • Gefühlsstörungen und/oder Teillähmungen als Hinweis auf eine Rückenmarkverletzung
  • Rascher Verlust der Körpergröße um mehrere Zentimeter als Hinweis auf Osteoporosebrüche

Wann zum Arzt

Innerhalb weniger Tage bei

  • neu aufgetretenen Rückenschmerzen im höheren Alter, v. a. bei bekannter Osteoporose.
  • anhaltender Taubheit in Arm oder Bein.

Sofort bei starken Rückenschmerzen nach einem Unfall, stärkerem Taubheitsgefühl oder Lähmungserscheinungen, im Zweifel liegend mit Krankentransport.

Die Erkrankung

Symptome, Therapie und Prognose von Wirbelbrüchen hängen davon ab, ob es sich um stabile oder instabile Formen handelt.

Stabile Wirbelbrüche. Bei stabilen Wirbelbrüchen sind die Wirbel zwar manchmal an der Vorderkante zusammengepresst (komprimiert), die Hinterkanten jedoch intakt, und damit das Gesamtgefüge stabil. Der Wirbelkanal mit dem darin verlaufenden Rückenmark ist nicht eingeengt und auch nicht von einer Einengung bedroht. In diese Gruppe gehören meist Osteoporosebrüche, die spontan oder nach kleinen Unfällen und Belastungen auftreten. Längerfristig führen die einwirkenden Kräfte (z. B. aufgrund des Körpergewichts) oft zu einer keilartigen Verformung des betroffenen Wirbelkörpers, der dadurch an seiner Vorderseite deutlich an Höhe verliert. Sind mehrere Wirbel betroffen, entwickelt sich ein Rundrücken, bei stärkerer Ausprägung ein sichtbarer „Witwenbuckel“, der oft mit starken Schmerzen verbunden ist. Typischerweise verursachen die ersten Wirbeleinbrüche meist wenige Beschwerden und bleiben deshalb häufig unerkannt. Dass dadurch die erforderlichen therapeutischen und v. a. vorbeugenden Maßnahmen ausbleiben, bedeutet eine große Gefahr, da das Risiko für weitere Wirbeleinbrüche bereits nach dem ersten Ereignis um das Vier- bis Fünffache steigt.

Instabile Wirbelbrüche. Bei instabilen Wirbelbrüchen ist auch die Wirbelhinterkante zerstört. Häufig entstehen bewegliche Bruchstücke, die das Rückenmark bedrängen oder verletzen. Ursache ist meist ein Unfall mit starker Gewalteinwirkung, z. B. ein Treppensturz, ein Sturz vom Pferd oder ein Sprung in seichtes Wasser; dabei sind die Lenden- und Brustwirbelsäule mit je 45 % häufiger betroffen als die Halswirbelsäule mit 10 %. Je nach Ausmaß und Höhe der Schädigung drohen unterschiedliche Formen der Querschnittlähmung. Drohende Lähmungen lassen sich durch eine Operation verhindern; bereits eingetretene Lähmungen können jedoch kaum rückgängig gemacht werden, da der Schaden an den Nerven meist irreparabel ist.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Nach Unfällen untersucht der Arzt die Wirbelsäule und sucht nach Gefühlsstörungen oder Lähmungen an Armen und Beinen. Röntgenaufnahmen beweisen einen vermuteten Bruch; zur weiteren Beurteilung ist meistens ein CT oder Kernspin erforderlich.

Konservative Therapie. Hierzu gehört eine weitgehende Bettruhe von einigen Tagen, die bei Bedarf durch die Gabe von Schmerzmitteln, z. B. NSAR, oder von Calcitonin, z. B. Osteos® erleichtert wird. Bereits während dieser Zeit stehen die Patienten mit Unterstützung durch Krankengymnasten und Brustkorsette kurzzeitig auf. Für das notwendige Training der Rückenmuskulatur sorgen Anspannungsübungen im Liegen (isometrische Übungen). In den folgenden Tagen und Wochen lernen die Betroffenen rückengerechte Verhaltensweisen, ähnlich einer Rückenschule. Dies geschieht zunächst im Krankenhaus, dann nach 2–4 Wochen ambulant. Bei Brüchen am Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule empfiehlt sich das Tragen eines Korsetts für 6–8 Wochen, um eine Fehlstellung zu verhindern. Patienten mit Halswirbelbrüchen erhalten meist für 6–12 Wochen eine Zervikalstütze („Halskrause“).

Operative Therapie. Stabile Brüche erfordern nur dann eine operative Behandlung, wenn sie mit hartnäckigen Schmerzen verbunden sind – ein häufiges Problem bei osteoporotischen Brüchen mit Verformung des Wirbelkörpers. Bei instabilen Wirbelbrüchen ist dagegen immer eine sofortige Operation erforderlich, auch wenn (noch) keine Zeichen einer Rückenmarkverletzung bestehen. Dabei überbrückt der Operateur die instabilen Segmente mit Metallstangen, Schrauben oder Metallkäfigen und korrigiert so bestehende Einengungen des Wirbelkanals. Nach der Operation ist nur für wenige Tage Bettruhe erforderlich, da die Implantate während der Heilungsphase genügend Stabilität für Alltagsbelastungen geben. Deshalb wird auch, zumindest im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule, meist auf eine zusätzliche Korsettbehandlung verzichtet. Bei operierten Halswirbelbrüchen dagegen verordnet der Arzt oft für einige Wochen eine Zervikalstütze. An den Klinikaufenthalt von etwa einer Woche Dauer schließt sich eine mehrwöchige Rehabilitation in einem spezialisierten Zentrum an. Die versteiften Segmente heilen innerhalb von 6–9 Monaten. Die Metallimplantate verbleiben in der Regel ein Jahr im Körper, in Einzelfällen auch lebenslang.

Als Alternative zur Versteifungsoperation bieten sich, insbesondere bei frischen oder stabilen Wirbelbrüchen, die minimal-invasiven Verfahren der Vertebroplastik und Kyphoplastik an. Sie haben zum Ziel, den erweichten und zusammengesackten Wirbelkörper durch Einspritzen von flüssigem Knochenzement zu stabilisieren und damit ein Fortschreiten der Wirbelverformung zu verhindern. Bei der Kyphoplastik bläst der Operateur den Wirbel zusätzlich vor dem Einspritzen des Zements mit einem Ballon auf seine ursprüngliche Höhe auf. Der Knochenzement härtet rasch und macht die Wirbelsäule sofort nach Abschluss der Operation belastbar. Der Patient bleibt nur wenige Tage in der Klinik und benötigt anschließend keine spezielle Rehabilitation. Meist führt die Stabilisierung zu einer deutlichen Verringerung der Schmerzen.

Selbsthilfe und Vorsorge

Konsequent auf rückengerechte Verhaltensweisen zu achten, ist eine wichtige Voraussetzung für die Ausheilung von – operierten wie konservativ behandelten – Wirbelbrüchen. Anregungen hierzu finden Sie im Einleitungstext. Vorsorge ist besser als Nachsorge: Osteoporosebedingte Wirbelbrüche lassen sich am ehesten durch eine frühzeitige Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose verhindern.

Komplementärmedizin

Zur Linderung der Schmerzen sowie zur Unterstützung des Heilungsprozesses kommen bei Wirbelbrüchen als komplementärmedizinische Maßnahmen v. a. Magnettherapie, Homöopathie und Akupunktur in Betracht.